Weißeritztalbahn hängt noch in der Luft

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Die Gleisarbeiter sind schon in Kipsdorf. Doch einen Fahrplan gibt’s nicht. Nun warten alle gespannt auf den Mittwoch.

25.11.2016 Von Mandy Schaks

talbahn hängt noch in der Luft
Mitarbeiter vom Gleisbau Bautzen verlegen am Bahnhof Kipsdorf die letzten Meter Gleis. Doch auch wenn die ordnungsgemäß liegen, kann noch kein Zug fahren.

© Egbert Kamprath

Freital/Kipsdorf. Vom Kurzurlaub zurück in den Alltag, in das nasskalte erzgebirgische November-Wetter. Gunther Gericke freut sich trotzdem, wieder in seinem Kipsdorf zu sein. Daheim ist daheim. Zudem: Wenn er sich umguckt, erlebt der Kurort gerade so etwas wie seinen zweiten Frühling. Seit der Flut 2002 musste Ortsvorsteher Gericke mit seinen knapp 300 Einwohnern auf diesen Moment warten. Ein Erlebnis, das den sonst so ruhigen und lebenserfahrenen Mann mit Anfang siebzig geradezu ins Schwärmen bringt. „Es hat wahnsinnig viel Freude gemacht, wie die Strecke der Weißeritztalbahn gewachsen ist“, sagt er. Als jetzt noch die Gerüste am sanierten Lokschuppen fielen, war er begeistert. „Da hat man erst richtig gesehen, wie schön das alles wird.“ Farbenfroh statt mausgraues Bahnhofsambiente.

Trotzdem ist er traurig. Die Kipsdorfer hatten fest damit gerechnet, dass ihre geliebte Bimmel zum Weihnachtsmarkt endlich anrollt. Doch daraus wird wieder nichts. Und Roland Richter, der Chef der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft SDG, kann auch keine Hoffnung machen, dass dieses Jahr fahrplanmäßig noch ein Zug von Dippoldiswalde bis Kipsdorf fährt. Der Wiederaufbau der flutzerstörten Strecke ist zwar gut vorangekommen. „Die Gleisarbeiter sind schon in Kipsdorf“, sagt Richter. „Aber wir brauchen noch ein bisschen Zeit.“ Die ist gerade etwas verloren gegangen, weil die Stopfmaschine, welche die Schienen ausrichtet und den Schotter fest rüttelt, kurz schlappmachte. „Deshalb haben wir etwas Verzug“, erläutert Richter. Wenn dann die Gleise liegen, kann aber immer noch nicht sofort ein Zug rollen. Dann müssen die Bahnanlagen hergerichtet werden, und es vergehen weitere vier bis fünf Wochen. „Ein bisschen Bürokratie ist auch dabei“, so der Bahn-Chef. Denn es muss zum Beispiel die Strecke von Fachleuten abgenommen werden. „Deshalb hängt viel vom Wetter ab, wann wir fertig werden. Aber hat es so lange gedauert, kommt es jetzt auf ein paar Wochen auch nicht mehr darauf an.“

Mehr Sorgen macht ihm, wie der Bahnbetrieb zwischen Freital-Hainsberg und Kurort Kipsdorf funktionieren soll. „Es hängt immer noch am Geld“, so Richter. Zur Erinnerung: Die SDG erhält vom Land für den Betrieb von Weißeritztalbahn und Lößnitzdackel in Radebeul rund 4,2 Millionen Euro. Diese Summe wird aber jetzt schon aufgebraucht. Wenn also noch Züge bis Kipsdorf fahren sollen, muss im unteren Streckenabschnitt gekürzt werden. Und bis Kipsdorf – so ging aus einem ersten Fahrplanentwurf im Juni hervor – reicht das Geld nur für eine Fahrt am Tag. Viel zu wenig, kritisierten die Osterzgebirgler. Auch Richter hält so eine Lösung nicht für vertretbar. „Vernünftig wären aus unserer Sicht zwei Fahrten pro Tag bis Kipsdorf“, sagt er. „Wir wollen ja auch ein Stück weit den Tourismus mit ankurbeln.“ Er glaubt, einen ordentlichen Fahrplan hinzubekommen, wenn die SDG zusätzlich eine halbe Million Euro pro Jahr an Zuschuss bekäme. Seit Monaten steht der Bahnbetreiber deshalb mit dem Verkehrsverbund Oberelbe in Gesprächen. „Unser Eindruck ist, jeder möchte eine Lösung haben.“

Das bestätigt VVO-Sprecher Christian Schlemper. Aber große Hoffnungen auf einen Geldsegen kann er bislang nicht machen. Voraussichtlich gebe es „keinen deutlichen Zuwachs an Mitteln“, sagt er, deshalb werde nach einem Kompromiss gesucht. Bahn-Chef Richter blickt nun gespannt auf die VVO-Zweckverbandsversammlung am kommenden Mittwoch in Weinböhla. Wie der Tagesordnung zu entnehmen ist, geht es um den Haushalt für das nächste Jahr. „Die Erwartungshaltung ist groß, dass da etwas passiert“, so Richter. Das hofft auch Gunther Gericke. „Zweimal täglich muss in der Woche ein Zug bis Kipsdorf fahren“, sagt er. „Alles andere wäre rausgeschmissenes Geld“ – bei Baukosten von insgesamt über 40 Millionen Euro.

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