Dampfbahn als Goldesel

 
 
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Die Weißeritztalbahn generiert jährlich etwa 6,5 Millionen Euro Umsatz, schätzen Experten. Ist da noch mehr drin?

07.05.2018
Von Annett Heyse

 als Goldesel
Weißeritztalbahn und Rabenauer Grund – für so ein touristisches Angebot wäre jede Region dankbar. Aber damit ist es nicht getan: Einfach nur Bahnfahren war gestern. In der Bahn und entlang der Strecke stecke noch viel mehr Potenzial, meinen Experten.
© Frank Baldauf
Doreen Burgold ist die Pressesprecherin des Tourismusverbandes Erzgebirge und sieht noch viel Potenzial bei der Weißeritztalbahn.
Doreen Burgold ist die Pressesprecherin des Tourismusverbandes Erzgebirge und sieht noch viel Potenzial bei der Weißeritztalbahn.
© privat

 

Freital. Die Weißeritztalbahn ist sozusagen das Tafelgold des Fremdenverkehrs in der Region. Seit gut einem Jahr dampft sie wieder auf ihrer kompletten Strecke zwischen Freital-Hainsberg und dem Kurort Kipsdorf. Aber trotz Eisenbahnromantik ist die Bahn im 135. Jahr ihres Bestehens kein Selbstläufer. Das weiß man auch beim Betreiber, der Sächsischen Dampfeisen-bahngesellschaft (SDG). Deshalb hat sie zahlreiche Veranstaltungen, Angebote und Feste rund um die Bahn im Jahreskalender. So gibt es Klassiker wie die Nikolausfahrten und das Schmalspurbahnfestival, aber auch einen Dixielandzug, den Zuckertütenexpress oder eine Kunst-Offen-Tour.

Aber welches Potenzial hat die Weißeritztalbahn noch? Welche neuen Ideen gibt es und wie könnten diese umgesetzt werden? Das soll ein Experte ausloten, den die Stadt Altenberg anstellen möchte. Viele Jahre hat sich der Tourismusverband Erzgebirge um die Ideenfindung gekümmert und dafür die Arbeitsgemeinschaft Weißeritztalbahn gegründet. Doch die Arbeit übersteigt die Kapazitäten des Verbandes. Dort ist man froh über die neue Initiative, wie Doreen Burgold, die Sprecherin des Tourismusverbandes, erklärt.

Frau Burgold, begrüßt der Tourismusverband das Einstellen eines Projektmanagers und was verspricht man sich davon?

Um die Weißeritztalbahn perspektivisch weiter gut vermarkten zu können und stabile Besucherzahlen zu erzielen, ist es wichtig, die Bahn sowohl als technisches Highlight zu vermarkten, als auch die Angebote rund um die Bahn einzubinden und aktiv in Szene zu setzen. Das erfordert einen hohen Aufwand an Abstimmung und Koordinierung über die Verwaltungsgrenzen der jeweiligen Kommunen hinaus. Die bestehende Arbeitsgruppe alleine kann das nicht leisten. Deshalb sind wir sehr dankbar, dass die Anliegerkommunen unter Federführung der Stadt Altenberg einen Projektmanager einstellen wird, der sozusagen interkommunal die Fäden in der Hand hält und neue Projekte koordinieren und entwickeln kann.

Die AG Weißeritztalbahn hat sich in den vergangenen Jahren um ein Ankurbeln des Tourismus entlang der Strecke bemüht. Welche Projekte konnten beispielsweise umgesetzt werden?

Zum Beispiel das Schmalspurbahnfestival, das immer am dritten Juliwochenende stattfindet und 2017 mehr als 13 000 Besucher anlockte. Der Märchenzug, als besonderes Angebot für die Kinder, dampft fünfmal im Jahr zu öffentlichen Märchenzugfahrten sowie für Kindergärten, Schulklassen oder Kindergeburtstagen nach vorheriger Anmeldung. Unsere Gästeführer bieten thematisch geführte Wanderungen zu festen Terminen an. Die IG Weißeritztalbahn veranstaltet jedes Jahr einen Dixielandzug. Sehr gut und gern wird auch der Braumeister-Dampfzug angenommen, eine Weißeritztalbahnfahrt mit Bierverkostung, vielen Informationen zur Region, Besuch des Lohgebermuseums und Stadtführung.

Welche sind gescheitert und warum?

Da die Resonanz auf die thematisch geführten Wandertouren nicht so groß war wie erwartet, wurde hier die Anzahl der Angebote auf die tatsächliche Nachfrage reduziert.

Wo sehen Sie noch Potenziale entlang der Bahnstrecke, die überhaupt nicht angepackt wurden?

Bei der Vernetzung von Bus und Bahn in Form einer Kombikarte. Luft nach oben ist bei den Beschilderungen zur Weißeritztalbahn und deren Bahnhöfen. Potenzial sehen wir ebenfalls in der Schaffung neuer Attraktionen entlang der Bahnstrecke.

Welche neue Ideen gibt es bereits, die jetzt jemand bündeln und umsetzen müsste?

Es ist ein bahnbegleitender, familienfreundliche Wander- und Radweg geplant. Zudem soll der erste befahrbare Weihnachtsmarkt Deutschlands am ersten Adventswochenende inszeniert werden.

Wie viele Touristen zieht denn die Weißeritztalbahn an und welche Einnahmen, auch in Gasthöfen, Pensionen, Museen, Freizeiteinrichtungen, werden mit der Weißeritztalbahn generiert?

Wir haben uns die Fahrgastzahlen vom Betreiber, der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft, mal zuarbeiten lassen. 2016 fuhren 146 217 Personen mit der Bahn. 2017 waren es 192 439 Fahrgäste. Im ersten Quartal 2018 wurden 20 963 Personen Reisende gezählt, das entspricht dem Vorjahresniveau. Zum Umsatz, den die Touristen generieren, liegen uns keine genauen Zahlen vor. Laut der aktuellen Studie „Wirtschaftsfaktor Tourismus im Erzgebirge 2017“ geben die Gäste im Erzgebirge durchschnittlich rund 34,10 Euro pro Tag aus. Wenn man dies mit den Fahrgastzahlen multipliziert, kommt man auf einen Umsatz von circa 6,5 Millionen Euro.

Wie will und kann sich der Tourismusverband neben dem Projektmanager in Zukunft einbringen und soll die AG Weißeritztalbahn bestehen bleiben?

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Weißeritztalbahn sind sich einig, dass die AG auf jeden Fall erhalten bleiben soll. Die AG soll sich künftig schwerpunktmäßig um das Thema Marketing kümmern. Der neue Projektmanager wird natürlich in die AG eingebunden. Der Tourismusverband Erzgebirge wird sich auch weiterhin in der AG engagieren und wird die Weißeritzalbahn und alle bestehenden und neuen Angebote intensiv vermarkten.

Artikel-URL: http://www.sz-online.de/nachrichten/dampfbahn-als-goldesel-3931473.html

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