Wird die Bimmel zur Museumsbahn?

Quelle: sz-online/Sächsische Zeitung
Sonntag, 17. April 2011

Von Franz Herz
Minister Morlok will alle Bimmelbahnen unter ein Dach bringen und rein touristisch ausrichten. Der Vorschlag überrascht viele.

Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) hat mit seinem Vorschlag zur Neuorganisation aller sächsischen Schmalspurbahnen viele verblüfft. Er überlegt, alle Linien unter einem Dach zusammenzufassen, aus dem öffentlichen Personennahverkehr herauszunehmen und als reine Tourismusbahnen zu führen.

Im öffentlichen Verkehr muss die Bahn täglich nach Fahrplan rollen. Als rein touristischer Betrieb könnte sie sich konzentrieren auf lukrative Uhrzeiten, die Urlaubssaison oder besondere Veranstaltungen. Eine derartige Betriebsform ist für den oberen Abschnitt zwischen Dippoldiswalde und Kipsdorf für den Betrieb nach einem eventuellen Wiederaufbau in der Diskussion. Nach Morloks Gedanken würde das auch für den Abschnitt von Freital-Hainsberg bis Dipps gelten.

Das Geld und größere Freiheit

Roland Richter, Geschäftsführer der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft, die die Weißeritztalbahn betreibt, sagt dazu: „Ich bin irritiert. Die Überlegungen kenne ich nur aus der Zeitung.“ Letztlich zielt der Vorschlag des Ministers auf zwei Punkte. Es geht ums Geld, das der Staat für den Bahnbetrieb zuschießt, und um größere unternehmerische Freiheiten, mit denen die Bahnstrecke auch bei sinkenden Zuschüssen wirtschaftlich überleben soll. Derzeit hängen die Zuschüsse für den Bahnbetrieb von der Einbindung in den öffentlichen Verkehr ab. So zahlt der Verkehrsverbund Oberelbe jährlich 2,4Millionen Euro für die Weißeritztalbahn. Dieser Zuschuss kommt aus dem Steuersäckel. Wenn man die Bahn herauslöst aus dem öffentlichen Verkehr, könnte diese Verpflichtung entfallen.

Der Dippoldiswalder Oberbürgermeister Ralf Kerndt (Freie Wähler) befürchtet ernste Konsequenzen für die Weißeritztalbahn. „Wenn es zu einer Diskussion um die Zuschüsse kommt, sehe ich darin eine Existenzfrage für die Bahnstrecke“, sagt er. Ohne öffentliche Gelder würden die Fahrpreise steigen. „Die sind jetzt schon nicht ohne“, sagt Kerndt. Für eine Familie könnten sie zu hoch werden. Dann fahren wieder weniger Leute mit. Kerndt sieht die Weißeritztalbahn heute schon als Tourismusstrecke. „Zwischen Dipps und Freital fährt kaum jemand mit der Bahn zum Einkauf oder zur Arbeit“, sagt er.

Landtagsvizepräsidentin Andrea Dombois (CDU) war auch überrascht von Morloks Vorschlag, hält ihn aber im Prinzip für richtig. Für Dombois ist das Ziel, die Zuschüsse zurückzufahren: „Wir haben eine Reihe touristischer Höhepunkte in Sachsen, die über öffentliche Mittel finanziert werden. Das können wir uns in Zukunft nicht mehr alles leisten.“. Sie will die Weißeritztalbahn erhalten, aber mit größeren unternehmerischen Freiheiten. Wenn der Betreiber der Eisenbahn nicht mehr die Verpflichtungen im Nahverkehr erfüllen müsste, hätte er bessere Möglichkeiten, Kosten zu sparen, Partner zu suchen und höhere Einnahmen zu erzielen. Hier sieht Dombois eine Chance, die Bahn mit geringeren Zuschüssen weiter zu betreiben.

Zuschüsse zurückfahren

Doch es gibt technische Grenzen. Der Betreiber kann nicht nach Belieben Fahrten streichen. Für eine einzelne Fahrt lohnt es sich kaum, die Lok anzuheizen. Ein Großteil der Kosten entsteht durch die Investitionen. „Die Loks und die Wagen müssen bezahlt werden, auch wenn sie nur stehen. Ebenso können sie den Bahnbetrieb nicht mit Pauschalkräften aufrechterhalten, die nur zeitweise eingesetzt werden“, sagt Christian Schlemper, Sprecher des Verkehrsverbunds Oberelbe. Einzelne Fahrten wegzustreichen, bringt wenig Ersparnis.

Was aus dem Vorschlag des Ministers wird, ist offen. „Wir lassen uns überraschen, wie es weitergehen soll“ sagt Christian Schlemper.
Artikel-URL: http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2741426

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