Oldtimer auf schmaler Spur

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Die Bimmel ist wie eine Seele in unserer Region; sie muss weiter pfeifen, läuten und schnaufen – auch im 14. Jahrzehnt.

02.09.2013 Von Dietrich Noack

auf schmaler Spur
Die Weißeritztalbahn im Rabenauer Grund – seit 130 Jahren dampft sie auf der Strecke, die eigentlich bis Kipsdorf geht.Wegen der Flutschäden ist derzeit in Dippoldiswalde Schluss.
Foto: Frank Baldauf

Am 3. September 1883 war der erste Personenzug nach Kipsdorf gefahren; am 1. November folgte der erste Güterzug. Groß gefeiert wurde damals nicht; das hatte man bereits ausführlich getan, als die Strecke bis nach Schmiedeberg am 30. Oktober 1882 eröffnet wurde.

In Sachsen, im deutschen Bahnland Nummer eins des 19. Jahrhunderts, spielte der Bau von Schmalspurbahnen eine bedeutende Rolle. Unmittelbar nach der Herausgabe der „Bahnordnung für Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung“ von 1878 durch das Kaiserreich entstand im Königreich Sachsen sehr schnell ein Schmalspurbahnnetz von über 500 Kilometern Länge. Unsere Bahn war nach der kurzen Strecke der ersten Schmalspurbahn von Wilkau nach Kirchberg die zweite der insgesamt 30 Schmalspurbahnen Sachsens. Die Weißeritztalbahn ist mit ihrer Gesamtlänge von 26 Kilometern, 40 Brücken, engen Bogenradien, beachtlichen Steigungen, dem attraktiven Streckenabschnitt durch den Rabenauer Grund und als nunmehr Deutschlands dienstälteste Schmalspurbahn im öffentlichen Personenverkehr, das „Flaggschiff“ sächsischer Schmalspur.

Die Geschichte widerspiegelt aber auch sehr eindrucksvoll, dass der ursprüngliche Glaube, mit den kleinen Bahnen billiger wegzukommen, ein Irrtum war. Viele wurden bereits vor dem Ersten Weltkrieg unrentabel, mussten wieder eingestellt oder eingeschränkt werden. Im Weißeritztal wurde der Güterverkehr, trotz noch vorhandenem Bedarf, dann 1994 abgesetzt.

Die Bahn zählt zu den sogenannten Flusstalbahnen, das heißt, sie schlängelt sich annähernd mit der Roten Weißeritz von Kipsdorf nach Freital ins Tal. Damit ist sie stets dem Hochwasser, dieses meistens harmlosen Gebirgsflusses, ausgeliefert. Am schlimmsten war es 1897 und 2002 mit zahlreichen Toten und verheerenden Zerstörungen an der Strecke. Der Bau der Talsperre Malter (1907-1913), als Konsequenz aus der Katastrophe von 1897, erforderte den Bau eines völlig neuen Streckeabschnittes über sieben Kilometer. Ein weiteres Problem ergab sich aus dem zeitaufwendigen Umladen von der schmalspurigen Weißeritztalbahn (Spurweite 750 mm) auf das normalspurige deutsche Eisenbahnnetz (1435 mm) bei der Ankunft in Hainsberg. Also erfolgte der Einsatz von Rollwagen (1906), auf die nun die normalspurigen Güterwagen gerollt werden konnten und damit teure Umladungen erspart blieben. Aber das hatte wiederum bauliche Konsequenzen, denn die Tragfähigkeit des Bahnkörpers musste erhöht und beispielsweise der Tunnel im Rabenauer Grund aufgeschlitzt werden.

Schließlich war es der boomende Fremdenverkehr, der dafür sorgte, dass in Kipsdorf der größte europäische Kopfbahnhof für Schmalspurbahnen entstand (1935). Man kann es kaum für möglich halten, dass in den 1930er-Jahren die Züge in der Wintersaison am Wochenende alle 20 Minuten bis nach Kipsdorf fuhren.

Aber auch von spektakulären Unfällen blieb die Bahn nicht verschont. So entgleiste Ende der 1980er-Jahre ausgangs des Rabenauer Bahnhofes in Richtung Kipsdorf ein mit Kohle beladener Güterzug. Die dabei in dem engen Bogen umgekippten Talbotwagen waren zwischen einer Felswand und der Roten Weißeritz derartig verkeilt, dass sie auseinandergeschweißt werden mussten. Die Einzelteile holte dann ein Hubschrauber in tagelangem Einsatz aus dem Rabenauer Grund heraus.

Heute gehört die Weißeritztalbahn zu den fünf noch im öffentlichen Personennahverkehr fahrenden Bahnen in Sachsen. Sie steht seit 1994 unter Denkmalsschutz.

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