Wie weit reicht die Kohle?

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Das fehlende Stück der Weißeritztalbahn soll jetzt gebaut werden. Doch für Fahrten mangelt es an Geld.

04.02.2016 Von Matthias Weigel

reichtdie Kohle?
Die Weißeritztalbahn passiert zwischen Freital und Dippoldiswalde die Brücke an der Talsperre Malter. Noch tut sie das sechs Mal am Tag in jeder Richtung. Foto: dpa

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Noch steht verfallen an der Bundesstraße 170 – der Lokschuppen in Kipsdorf. Doch bereits Ende Februar sollen hier die Bauarbeiter anrücken und mit der Sanierung beginnen. Es wird der Auftakt sein für eine der größten öffentlichen Baumaßnahmen, die es aktuell in der Region gibt: der Wiederaufbau der Weißeritztalbahn zwischen Dippoldiswalde und Kipsdorf. „Wenn nichts dazwischenkommt, starten die Firmen dann auch spätestens Ende März mit den Arbeiten an der Strecke“, sagte Mirko Froß am Donnerstag. Froß ist Betriebsleiter bei der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft SDG, die die Strecke betreibt.

Mit Planung und Nebenkosten stehen für den Abschnitt insgesamt 17,9 Millionen Euro im Budget. Das Geld stammt aus einem Fonds zur Beseitigung der Hochwasserschäden aus 2002. Damals war die Strecke stark beschädigt oder stellenweise zerstört worden. Nachdem der Freistaat den Wiederaufbau beschlossen hatte, konnte die 15 Kilometer lange Strecke ab Hainsberg schließlich 2007/2008 für rund 21 Millionen Euro wiederaufgebaut werden. Seither rollen hier die Züge. Für die restlichen 11 Kilometer hatte es aber jahrelang weitere Verzögerungen gegeben. Vor allem Bürokratie und Finanzierungsfragen lähmten. 2014 schließlich konnte ein Teil des Brückenbaus abgehakt werden, um später Zeit zu sparen. Das betraf unter anderem die Brücken an der B 171 Naundorf, der Schenkgasse Schmiedeberg und die am Bahnhof Schmiedeberg. Eine Million Euro flossen insgesamt dafür.

Ende 2015 schrieb die SDG dann den Wiederaufbau europaweit aus. Dafür wurden zwei Lose gebildet: die Strecke an sich und der Lokschuppen in Kipsdorf. „Wir wollten auch kleineren Firmen eine Chance geben, sich zu beteiligen“, sagt Froß. So bekam die Dresdner Firma Sersa GmbH den Zuschlag für die denkmalgerechte Sanierung des Gebäudes. Das Haus soll als Unterstand für museale Fahrzeuge dienen – zum Beispiel für Loks, die derzeit in Hainsberg noch im Freien Wind und Wetter ausgesetzt sind. Eine weitere Nutzung des Hauses ist vorerst nicht geplant, wäre aber zumindest denkbar. Das Innere gehört nicht zum Sanierungsprogramm.

Für die Strecke prüft die SDG derzeit die vorgelegten Angebote. „Es sind drei Bietergemeinschaften, zu denen sich Firmen wegen des großen Volumens zusammengetan haben“, sagt Froß. Die Vergabe soll in den nächsten drei bis vier Wochen passieren. „Wenn dann nichts dazwischenkommt, geht es los“, sagt Froß. Lediglich die Signal- und Streckentechnik samt Bahnübergängen wird erst später an ein extra Unternehmen vergeben.

Dass sich insgesamt nur fünf Bieter an den Ausschreibungen beteiligten, ist laut Froß kein Manko. Auch 2007 sei das in dem Rahmen gewesen. Zudem ist die Auslastung der Firmen derzeit gut, ein solcher Spezialauftrag nicht jedermanns Sache.

Kürzungen auch im Lößnitzgrund

Denn die Schäden an der Strecke sind teilweise beträchtlich. Weggespülte Dämme, freihängende Schienen, verschlammte oder verwucherte Schwellen, fehlende Stützwände, weitere defekte Brücken. Ein enormer Arbeitsumfang. Auch auf noch recht intakten Abschnitten müssen Anlagen und Gleise überholt, gereinigt und bei Bedarf erneuert werden.

Über eine mögliche Fertigstellung will Froß daher auch nicht spekulieren. Sollten Wetter und Bauverlauf mitspielen, könnte es zum Jahresende so weit sein. Geplant ist ebenfalls, die reguläre Betriebspause im Herbst zu nutzen. Während dieser jährlichen Instandhaltung soll auch die technische Einbindung der neuen Strecke in Dippoldiswalde erfolgen.

Ob aber überhaupt einmal Züge – von Sonderfahrten einmal abgesehen – bis Kipsdorf rollen, steht weiter in den Sternen. „Wir sind zum Betrieb der Strecke und zu einem eventuellen Fahrplan in Gesprächen“, heißt es unisono von SDG und Verkehrsverbund. Doch die Zeit wird knapp – schließlich müssen irgendwann Fahrzeuge und Personal geplant, Fahrpläne geschrieben werden. Doch die Situation ist verfahren. Sachsen hatte bereits vor Jahren in einer Verordnung den Rahmen gesetzt; 4,2 Millionen Euro stehen demnach pro Jahr für Weißeritztal- und Lößnitzgrundbahn zusammen zur Verfügung. 500 000 Euro sind dabei explizit für den Abschnitt Dippoldiswalde–Kipsdorf vorbehalten, sobald die Strecke fertig ist. Das Geld wird von beiden Bahnen heute aber schon komplett mit verbraucht – ohne Lösung drohen also Einsparungen im derzeit gewohnten Angebot – und das sowohl im Weißeritztal als auch im Lößnitzgrund.

Und mehr Geld von Sachsen ist kaum zu erwarten, da die dafür verwendeten Bundesmittel künftig enorm zurückgehen. Und während die Summe hier zementiert ist, müssen anderswo womöglich Bahn- und Buslinien eingestellt werden. „Es wird sich zeigen, was wir aus 500 000 Euro im Osterzgebirge machen können“, sagt Froß.

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