Wird die Weißeritztalbahn eingedampft?

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Die Strecke bis Kipsdorf ist bald wieder aufgebaut. Nun gibt es einen ersten Fahrplanentwurf – und viel Ernüchterung.

23.06.2016 Von Matthias Weigel

Weißeritztalbahn eingedampft?

Sechsmal täglich dampft die Lok mit den Wagen derzeit noch vom Bahnhof Freital-Hainsberg hoch nach Dipps und zurück. Wenn die flutzerstörte Strecke bis Kipsdorf zum Jahresende wieder aufgebaut ist, muss der Fahrplan wohl aber enorm ausgedünnt werden. Dafür gibt es einen gewichtigen Grund.

© Archivfoto: K.-L. Oberthür

Freital/Dippoldiswalde. Mit einem kräftigen Ruck zieht die Dampflok an. Dampf und Rauch steigen auf. Die Fahrgäste am Bahnhof Hainsberg zücken die Fotoapparate. Los geht es mit der Weißeritztalbahn in Richtung Dippoldiswalde. Sechsmal täglich zieht die Lok auf der dienstältesten öffentlichen Schmalspurbahn die Wagen die 15 Kilometer rauf und wieder runter. Seit der Wiedereröffnung 2008 ist das so. Die Strecke war nach der Flut 2002 zerstört, wurde für 23 Millionen Euro wiederaufgebaut.

Wenn alles gut läuft, ist die restliche Strecke bis Kipsdorf zum Jahresende ebenfalls wieder hergerichtet. Seit dem Frühjahr wird intensiv daran gearbeitet. 18 Millionen fließen in die elf Kilometer hoch ins Osterzgebirge. Dass dann immer noch so viele Züge auf der Strecke fahren, ist allerdings unwahrscheinlich. Denn der Fahrplan wird wohl gehörig ausgedünnt.

Künftig nur noch dreimal täglich

Der Grund ist einfach: Während Geld für den Bau aus dem Fluthilfefonds da ist, fehlt für den dichten Betrieb auf ganzer Strecke schlichtweg das Geld. Sachsen hatte bereits vor Jahren in einer Verordnung 4,2 Millionen Euro pro Jahr für Weißeritztal- und Lößnitzgrundbahn zusammen festgelegt. Das Geld wird aber bereits heute von beiden Bahnen komplett verbraucht.

Nun ist guter Rat teuer. Schon seit Monaten ringen Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und der Betreiber der Strecke, die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft (SDG), um eine Lösung. Die Zeit wird knapp. Schließlich müssen ein paar Wochen vorm Start auch Technik und Mitarbeiter eingetaktet werden, Pläne in den Druck, die Werbemaschinerie anlaufen.

Der VVO jedenfalls wagt nun unter den aktuellen Vorzeichen einen Vorstoß und präsentierte zur jüngsten Verbandsversammlung einen Musterfahrplan. Der soll nun als Prämisse für die Verhandlungen mit der SDG dienen, heißt es. Zwei Fahrten bis Dippoldiswalde und zurück, eine bis Kipsdorf und zurück – das ist die tägliche Ausbeute. An ausgesuchten Wochenenden und Feiertagen könnte eine Fahrt bis Kipsdorf und zurück dazukommen. Auch zwei weitere Fahrten bis Dipps stünden möglicherweise im Angebot.

Wie viele solcher besonderer Fahrtage im Jahr möglich sind, werden aber erst die Verhandlungen zeigen. Laut VVO-Sprecher Christian Schlemper liegen dem Konstrukt die jetzigen Rahmenbedingungen zugrunde. So rechnet man einerseits mit dem jetzigen Budget. Was im oberen Abschnitt fährt, muss also im unteren eingespart werden. Andererseits soll der Verlust an Fahrgästen und Einnahmen so gering wie möglich sein. Vor allem die unattraktiven Züge morgens und abends fallen weg. Sie waren kaum ausgelastet. „Mit dem vorgelegten Entwurf würden 80 Prozent der heutigen Fahrgastnachfrage weiterhin erfüllt“, sagt Schlemper. Auch der touristischen Ausrichtung der Bahn trage man mit dem Plan Rechnung. Dazu müsste man an den Sonder-Wochenenden und Feiertagen aber eine zweite Zuggarnitur einsetzen.

Keine Spekulationen

Über den Ausgang der Verhandlungen will SDG-Chef Roland Richter nicht spekulieren. „Sollte kein zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt werden, ist noch nicht einzuschätzen, ob überhaupt ein täglicher Fahrplanbetrieb möglich ist – und wie der dann aussieht“, sagt er. Für die Fahrgäste ein attraktives Angebot zu organisieren, werde schwer.

Dass sechs Zugpaare täglich rollen sollen, klingt unter den aktuellen Prämissen wie Hohn – obwohl mit dem geförderten Wiederaufbau eigentlich genau das vorgegeben ist. Auflösen könnte das Ganze der Freistaat. Im Wirtschaftsministerium hält man sich aber zurück – und spielt zunächst dem VVO den Schwarzen Peter zu. Es stehe dem Verbund ja frei, mehr Geld zu geben, heißt es. Woher das kommen soll, da doch der Nahverkehr seit Jahren finanziell auf Kante genäht ist? Mit dem kürzlich erzielten Kompromiss bei den Regionalisierungsmitteln – also den Geldern aus Berlin für den Schienennahverkehr – gebe es zumindest ein positives Signal und erleichtere die Situation, so die Aussage. Ansonsten verweist man auf die laufenden Haushaltsverhandlungen und eine mögliche Anpassung der Finanzierungsverordnung für die Schmalspurbahnen, die diskutiert wird. „Wir streben eine Lösung an, die im Interesse aller liegt“, versichert Sprecherin Kathleen Brühl und bittet um Geduld.

Klar ist allerdings auch: Die Bimmel ist nur eine von vielen Akteuren, die auf mehr Geld hoffen. So macht das Ministerium auch keinen Hehl daraus, dass man den Fahrplanentwurf des VVO durchaus für praktikabel und sachgerecht halte. Außerdem betont das Ministerium, dass man sich in Sachen Weißeritztalbahn nicht allein in der Pflicht sehe. „Für den touristischen Erfolg und eine höhere Fahrgastnachfrage sollten sich auch der Landkreis und die Anliegerkommunen an der Verbesserung des touristischen Umfelds und der Vermarktung beteiligen“, so Brühl.

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