„Uns darf der Dampf nicht ausgehen“

Die Bimmelbahn ist zwischen Freital und Dipps wieder Alltag geworden. Wie kann sie aber weiter interessant bleiben?

Die Weißeritztalbahn scheint in Fahrt zu kommen. Und das hat weniger etwas mit Geschwindigkeit zu tun. Die Bimmel bummelt gemächlich wie seit über 100Jahren von Freital-Hainsberg nach Dippoldiswalde. Aber sie lockt zunehmend mit neuen Angeboten, damit immer wieder Gäste ihr Auto mal stehen lassen und in die Bahn einsteigen. Erst fuhr der Osterhasen-Express, am vergangenen Wochenende hatte der Märchenzug Premiere, und es gab Sonderfahrten mit der Traditionslok IVK 99608 zum 100-jährigen Jubiläum der neuen Bahntrasse zwischen Spechtritz und Dipps. Daran hat auch die Tourismusgemeinschaft Silbernes Erzgebirge einen Anteil. Die SZ sprach mit der stellvertretenden Geschäftsführerin Anke Eichler.

Frau Eichler, wie kommt es, dass der Tourismusverband das Bähnle mit anschiebt?

Als die Weißeritztalbahn nach der Flut 2002 zwischen Freital und Dipps wieder aufgebaut wurde und dann Ende 2008 zum ersten Mal fuhr, war das Interesse riesengroß, eigentlich unfassbar. Ich war fasziniert von den vielen Sympathien für diese Bahn. Uns war aber klar: Wenn der Reiz des Neuen vorbei ist, werden wir wieder in die Situation kommen wie vor der Flut. Auch damals ging es darum, dass zu wenige Leute mitfuhren und mehr Gäste gewonnen werden mussten, um die Traditionslinie zu erhalten. Deshalb haben wir eine Arbeitsgruppe gegründet, die Angebote entwickeln und so das Interesse hochhalten soll. Uns darf der Dampf nicht ausgehen.

Ist die Weißeritztalbahn als dienstälteste Schmalspurbahn Deutschlands nicht Anziehungspunkt genug?

Unsere Zeit ist viel zu schnelllebig und von Reizen überflutet. Da reicht es nicht, eine nostalgische Bahn, eine schöne Landschaft und ein paar Sehenswürdigkeiten an der Strecke zu haben, um immer wieder auf uns aufmerksam machen zu können und Leute zum Mitfahren zu bewegen. Wir haben nicht das Highlight, den Glanzpunkt an der Bahn, wo man unbedingt hin muss, weil man denkt, sonst etwas in seinem Leben verpasst zu haben. Wir müssen uns da richtig anstrengen, den Gästen etwas bieten, sowohl im Zug als auch links und rechts der Bahnstrecke.

Gibt es eine Vision, in welche Richtung die Angebote entwickelt werden sollen, oder macht jeder, was ihm gerade einfällt?

Es sieht für den Außenstehenden vielleicht etwas unübersichtlich aus, aber in unserer Arbeitsgruppe geht es sehr geordnet zu. Wir haben alle Partner integriert. Mit am Tisch sitzen der Bahnbetreiber, also die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft, der Verkehrsverbund Oberelbe, die Interessengemeinschaft Weißeritztalbahn, die Anliegergemeinden, Gästeführer sowie Vertreter großer Hotels und touristischer Einrichtungen wie das Dippser Museum, das Stuhlbaumuseum in Rabenau oder die Weißeritztal-Erlebnis GmbH mit der Talsperre Malter. Wir haben voriges Jahr zum Beispiel eine „Spinnstunde“ gemacht und eine Prioritätenliste aufgestellt. Der Veranstaltungskalender für dieses Jahr steht. Alle kennen die Ideen vom anderen und die Termine. Wir sind der Meinung, es bietet sich an, die Weißeritztalbahn als Familienbahn zu entwickeln, Angebote für Eltern mit ihren Kindern, aber auch für Senioren mit Enkeln zu konzipieren.

Woran denken Sie dabei?

Angefangen hat alles mit geführten Wanderungen. In den vergangenen Jahren haben engagierte Leute eine Ausbildung zum Gästeführer gemacht, die unter anderem mit der Weißeritztalbahn eine Möglichkeit sehen, ihr Wissen je nach Begabung einzubringen. Diese Veranstaltungen müssen erst einmal bekanntwerden. Inzwischen gibt es schon über 40Touren in diesem Jahr – geplante. Zusätzliche Termine können Interessierte vereinbaren. Da geht es zum Beispiel auf die Spuren von Wölfen, Schmugglern und Eremiten oder zu sagenhaften Orten. Wanderungen beschäftigen sich auch mit Künstlern der Romantik, die im Rabenauer Grund ihre Motive suchten, oder mit technischen Denkmalen. Die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft ist dabei, nun Fahrradtouren in Kombination mit einer Bahnfahrt anzubieten. Rad fahren liegt im Trend. In unserem Gebiet fehlt es zwar noch an einem ordentlich ausgebauten Radwegenetz. Aber vielleicht gelingt es, Radfahrer für zwei, drei geeignete Touren entlang der Bahnstrecke zu begeistern.

Wie bekommt der Gast mit, was er bei einer Fahrt mit der Bimmel unterwegs noch so alles erleben kann?

Wir haben mit Beginn der Hauptsaison Flyer drucken lassen, die jetzt in den Waggons der Bimmelbahn ausgelegt werden. Sie geben Auskunft über Erlebnispunkte an der Weißeritztalbahn. Der Fahrgast wird unter anderem informiert über Öffnungszeiten von Museen an der Strecke, über Wanderungen und Stadtführungen. Wir haben 10000Stück gedruckt und hoffen, dass von den Angeboten rege Gebrauch gemacht wird, der eine oder andere Fahrgast unterwegs mal aussteigt und sich etwas ansieht. Da würden sicher auch noch ein oder zwei Spielplätze an der Strecke guttun und unser Konzept von einer familienfreundlichen Bahn ergänzen. Aber das können wir nur anregen. Das ist allein die Entscheidung der Städte und Gemeinden.

Wann sind Sie zum letzten Mal mit der Bimmelbahn gefahren?

Am Wochenende.

Gespräch: Mandy Schaks

Quelle: sz-online/Sächsische Zeitung
Montag, 16. April 2012
Artikel-URL: http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=3037135

Print Friendly, PDF & Email