Die Bimmel braucht mehr Dampf

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Bald soll die Strecke nach Kipsdorf in Angriff genommen werden. Doch wie können neue Fahrgäste geworben werden?

26.05.2013 Von Philipp Nowotny

l braucht mehr Dampf
Ein Anblick, der nicht nur Eisenbahnfreunde immer wieder fasziniert: Eine Schmalspur-Dampflok fährt in den Bahnhof Dippoldiswalde ein.Foto: Eric Münch
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Bahnhof Dippoldiswalde, das Wetter ist trüb. Dampf schießt in den Himmel. Die pechschwarze Lok setzt sich schnaubend in Bewegung und zieht die grünen Personenwagen ächzend hinter sich her. Vorbei an Wohnplatten und verfallenen Betriebsgebäuden windet sich die Weiße-ritztalbahn aus der Stadt heraus in Richtung Freital.

Die Wagen sind fast leer, nur vereinzelt hocken Fahrgäste auf den roten, gut gefederten Lederbänken und betrachten die vorbeiziehende Natur. Die Schaffnerin geht durch das Abteil und verkauft Tickets. An der Talsperre Malter steht das Wasser hoch, noch mehr Regen ist angekündigt. Ist das Wetter schuld an den leeren Sitzplätzen im Wagen?

2012 sind rund 154000 Fahrgäste in den Zug zwischen Freital und Dipps eingestiegen. 6000 weniger als im Jahr zuvor. Damit hat die Weißeritztalbahn das dritte Jahr hintereinander Fahrgäste verloren. „Es ist wirklich schade, wie die Fahrgastzahlen eingebrochen sind“, sagt Manfred Nowraty. Der Rentner sitzt im ersten überdachten Waggon hinter dem offenen Aussichtswagen, dort habe man den besten Blick auf die Landschaft, meint er.

Die Weißeritztalbahn ist seine große Leidenschaft. Seit über 20 Jahren fährt der 71-Jährige als Reiseleiter mit Touristengruppen die Strecke rauf und runter. Er kann viel aus der Geschichte der Schmalspurbahn berichten, die seit 1883 von Freital durchweg bis Kipsdorf dampfte. 130-jähriges Jubiläum wird dieses gefeiert, damit ist die Weißeritztalbahn die dienstälteste noch fahrende Eisenbahn.

Doch: Wegen Flutschäden aus dem Jahr 2002 geht es derzeit nur bis Dipps. Erst ab 2014/15 soll die 26 Kilometer lange Gesamtstrecke wieder aufgebaut sein, wenn auch wahrscheinlich mit sehr reduziertem Fahrplan. Das europaweite Vergabeverfahren für den Bauabschnitt zwischen Dipps und Kipsdorf ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

Der Zug nähert sich mittlerweile dem Bahnhof Rabenauer Mühle, aus der Lokomotive tönt ein Läuten und Pfeifen. Das Weißeritztal hat sich stark verengt, die steilen Talwände aus zerklüftetem Fels rücken näher. Alles wird durchdrungen von einem intensiven Kohlegeruch, eine dichte, weiße Dampfwolke erfüllt das schmale Tal.

„Die Geräusche, der Geruch und das Ruckeln in den Wagen machen die Weißeritztalbahn aus“, sagt Nowraty. Als der Zug vor den Backsteingebäuden in Rabenau zum Stehen kommt, steigen einige Fahrgäste ein und aus. Durch die Märchenlandschaft im Rabenauer Grund dampft der Zug weiter in Richtung Freital.

Geht es nach Nowraty, kann es mit der Fertigstellung der Gesamtstrecke gar nicht schnell genug gehen. „Schon 1897 gab es an der Weißeritz eine schwere Flut“, erzählt er, während der Zug immer wieder den sich dahinschlängelnden Fluss kreuzt. „Damals sind 19 Menschen gestorben. Aber anders als heute waren die Gleise bereits nach einem Vierteljahr wieder instand gesetzt.“ Die Verbindung Freital–Kipsdorf wird zusätzliche Besucher anziehen, davon ist er überzeugt.

Straßen und Gebäude tauchen auf, die Weißeritztalbahn lässt die Stadtgrenzen Freitals hinter sich. Nowraty hat beobachtet, dass bei seinen Touren seit der Flut vor allem Gäste aus den südlichen Bundesländern sowie Österreich und der Schweiz ausbleiben. Schon jetzt müsse die Vermarktung der Bahnstrecke nach Kipsdorf beginnen, es müsse ein tragendes Gesamtkonzept erstellt werden, das auch Sehenswürdigkeiten im Erzgebirge beinhaltet.

In Hainsberg wird die Lokomotive für die Rückfahrt angekoppelt. Dann geht es wieder nach oben, vorerst nur bis Dipps.

Artikel-URL: http://www.sz-online.de/nachrichten/die-bimmel-braucht-mehr-dampf-2581807.html

SZ vom 27.05.2013

 

Quelle: Sächsische Zeitung vom 27.05.2013

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