Reisen wie vor 50 Jahren

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Noch bis zum 21. Februar ist die Weißeritztalbahn als historischer Altbauzug unterwegs. Auch für das nächste Jahr gibt es bereits nostalgische Pläne.

17.02.2014 Von Lisa Fritsche

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Patrick Wagner ist seit über 20 Jahren bei der Schmalspurbahn tätig. Die Fahrten mit den Altbauwagen sind aber auch für ihn etwas Besonderes. Denn sonst kommt die Garnitur nicht bei den planmäßigen Fahrten zum Einsatz.
©Karl-Ludwig Oberthür

Am Sonnabend startete Zugbegleiter Patrick Wagner mit einer eher ungewöhnlichen Weißeritztalbahn in den regulären Betrieb. Statt des bekannten gelben Schriftzugs ist jeder Wagen der Schmalspurbahn mit den Buchstaben „DR“ für Deutsche Reichsbahn versehen. Auch im Inneren sorgen eine helle Holzvertäfelung, Ofenheizung und andere Besonderheiten für nostalgisches Flair. Noch bis zum 21. Februar wird die Weißeritztalbahn im regulären Bahnverkehr als originaler historischer Altbauzug im Einsatz sein. Doch dies wird nicht die letzte Möglichkeit sein, eine nostalgische Fahrt wie vor 50 Jahren mit der Schmalspurbahn zu erleben.

„Es ist immer etwas Besonderes, mit den historischen Wagen zu fahren“, erklärt Zugbegleiter Patrick Wagner, der seit über 20 Jahren bei der Schmalspurbahn tätig ist. Neben den dienstältesten Dampflokomotiven bilden vier Personenwagen sowie ein Gepäckwagen aus den Jahren 1925 bis 1930 den Altbauzug. „Diese Wagen werden sonst nicht im Planbetrieb eingesetzt“, erklärt Kati Schmidt von der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft (SDG). Mit den nostalgischen Fahrten will die SDG wieder neue Anreize für Fahrgäste und vor allem bahninteressierte Fotografen schaffen. Für diese sei die Kombination aus Dampflokomotive und Altbauwagen eine echte Rarität. „In Reinform ist die historische Garnitur auf Initiative der SDG zum ersten Mal wieder auf der Strecke“, bestätigt Schmidt. Der älteste der eingesetzten Personenwagen wurde bereits 1925 in Zwickau gebaut. Die anderen stammen aus Werken in Bautzen und Werdau.

Während Zugbegleiter Wagner auf dem Bahnsteig die letzten Gäste in die Wagen bittet, drücken sich der fünfjährige Til und sein kleiner Bruder Robin schon gespannt die Nasen an der Fensterscheibe platt. Gemeinsam mit ihrer Oma Heidrun Henker machen sie einen Ausflug mit der Kleinbahn. In der gemütlichen Atmosphäre des originalen Altbauwagens fühlt sich die Freitalerin in ihre Kindheit zurückversetzt. „Die Bahn gehört für mich einfach dazu“, erklärt Henker. Und das meint sie nicht nur als Symbol für die Region. Sondern ganz für sich persönlich. Öfter ist sie schon mitgefahren oder hat die Bimmel im Rabenauer Grund vorbeischnaufen sehen. Ein Stück Heimat und ganz viele Erinnerungen sind damit verbunden.

Wie in den 1960er und 70er-Jahren werden in den historischen Wagen die Fenster mit Lederriemen geöffnet und die Taschen in Gepäcknetzen verstaut. An der nostalgischen Fahrt mit der Kleinbahn hat auch Susann Thänert aus Coswig Gefallen gefunden. „Das ist richtige Entschleunigung“, sagt die 26-Jährige während des Ausfluges mit der ganzen Familie. Dass an diesem Wochenende der historische Altbauzug auf der Strecke fuhr, wusste sie nicht – war also nur ein glücklicher Zufall.

 IG baut eigenen Wagen auf

Speziell für die Besonderheiten der alten Wagen begeistert sich hingegen Jürgen Reißbach aus dem niedersächsischen Walsrode. Mit der Fahrt in der historischen Weißeritzbahn hat er sich einen Traum erfüllt. Seit 55 Jahren beschäftigt sich der Modelleisenbahner mit Technik und Historie der geschienten Fahrzeuge. Mit den modernen Wagen der heutigen Zuggeneration kann er hingegen nichts anfangen. „Es ist schön, dass es so etwas noch gibt“, erklärt der 65-Jährige.

Für den Erhalt solcher historischer Altbauwagen setzt sich auch die Interessengemeinschaft Weißeritztalbahn ein. Seit über zehn Jahren sind sie mit dem Um- und Aufbau eines Altbauwagens aus dem Jahre 1930 beschäftigt. Stück für Stück wird der Personenwagen detailgetreu restauriert. Größtes Hindernis ist dabei jedoch die Finanzierung der Arbeiten. Kosten für Material und Arbeitsstunden werden allein durch Spenden und den Einsatz der Vereinsmitglieder gestemmt. Nach dem Wunsch der Interessengemeinschaft hätte der Altbauwagen schon längst fertiggestellt sein sollen. „Wir schauen, dass er im nächsten Jahr auf der Strecke rollen kann“, sagt der Vorsitzende Ralf Kempe zuversichtlich. Bis dahin muss noch der Innenraum des Personenwagens mit Heizung und stilechtem Holzgestühl fertiggestellt werden.

Wer so lang auf eine nostalgische Fahrt mit der Weißeritztalbahn nicht warten möchte, bekommt vom 18. bis 24. Oktober von der SDG erneut die Chance, mit der historischen Garnitur wie in den 1970erJahren unterwegs zu sein.

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