Wird die Schmalspurbahn kleingespart?

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Der Entwurf für den neuen Fahrplan bietet weniger Zugkilometer – auf längerer Strecke. Eine Rechnung mit Tücken.

01.09.2016 Von Franz Herz

Schmalspurbahn kleingespart?
Zugführerin Kerstin Pohlmann gibt hier am Bahnhof in Dippoldiswalde das Abfahrtssignal für die Weißeritztalbahn. Dieser Zug fährt zurück nach Freital, das ist klar. Unklar ist, wohin Reise mit der Weißeritztalbahn insgesamt geht. Der neue Fahrplan und die Finanzierung sind in der Diskussion.

© Frank Baldauf

Freital. Der Bau der Bahnstrecke von Dippoldiswalde nach Kipsdorf geht zügig voran. Jedoch sind noch viele Fragen offen. Sie betreffen die künftige Nutzung der Strecke. Ein wichtiger Punkt, über den derzeit diskutiert wird, ist die Gestaltung des Fahrplans und deren Konsequenzen. Der Verkehrsverbund Oberelbe ist für die Bestellung der Züge für die Strecke verantwortlich. Im Juni hat der Verbund einen Diskussionsentwurf für den neuen Fahrplan veröffentlicht. Demnach fahren zweimal am Tag Züge von Freital nach Dipps und zurück und einmal bis hoch nach Kipsdorf und zurück. Bisher rollen fünf Züge am Tag bis nach Dippoldiswalde.

Diesen Entwurf hat sich Uwe Berthold näher angesehen. Der Dresdner hat sich beruflich schon mit dem Nahverkehr befasst, wie er sagt, und er hat die vorgesehenen Fahrten zusammengezählt. Danach fährt die Bahn derzeit im Jahr rund 60 300 Zugkilometer. Da hat er die Sperrpause im November mit eingerechnet. Nach dem vorgestellten Fahrplanentwurf würden künftig weniger Kilometer gefahren, obwohl ein Zug am Tag bis hoch nach Kipsdorf rollen soll. Berthold kommt auf 37 520 Zugkilometer, also eine deutlich geringere Streckenleistung als bisher. Selbst wenn an allen Wochenenden zwei Züge bis nach Kipsdorf rollen, werden seiner Rechnung nach weniger Kilometer gefahren.

Berthold will auch die höheren Kosten für die längere Strecke samt der Infrastruktur, die dazugehört, nicht als Argument gelten lassen. „Die Bahnstrecke wird ja jetzt völlig neu aufgebaut. Da treten zumindest am Anfang ja keine Kosten auf“, sagt er. Er stellt die Frage: Werden hier Leistungen gekürzt oder profitiert der Betreiber, weil er bei gleichbleibenden Zuschüssen weniger Leistung anbietet?

Diese Rechnung wollen aber weder der Verkehrsverbund Oberelbe noch die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft akzeptieren. In die Kalkulation spielen viele andere Faktoren mit hinein, argumentieren beide Partner. Die Dampfeisenbahngesellschaft betreibt die Bahnstrecke. Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ist Eigentümer von Grund und Boden der Bahnstrecke, hat diese aber vertraglich in einer Art Generalpacht an die Eisenbahngesellschaft übergeben. Da die Strecke im Weißeritztal zum Nahverkehr zählt, ist auch der Verkehrsverbund mit im Boot, wenn es darum geht, welche Leistungen hier angeboten werden.

„Man muss die Gesamtrechnung sehen mit all ihren Betriebskosten für Instandhaltung und Wartung“, sagt Roland Richter, der Geschäftsführer der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft. Die Zugkilometer allein aufzurechnen, gebe kein vollständiges Bild. Es sei auch noch zu früh für derartige Berechnungen, weil der Fahrplan noch gar nicht feststeht. Darüber laufen derzeit intensive Gespräche. Christian Schlemper, der Pressesprecher des Verkehrsverbunds Oberelbe, ergänzt, dass ja über das tägliche und das Wochenendangebot hinaus auch zusätzliche Fahrten an Feiertagen, zu Festivals und anderen Veranstaltungen mit einberechnet werden müssten. So erhöht sich also die Zahl der Zugkilometer. Eventuell ist auch der Einsatz eines zweiten Zuges erforderlich, um die Fahrten bis Kipsdorf abzusichern. Das bringt Kosten für Abschreibung, Wartung und Instandhaltung. Außerdem gehört dazu auch Personal. Diese Kosten werden derzeit berechnet, so Schlemper.

Auch wenn die Strecke jetzt neu ist, bringt ihr Unterhalt dennoch Kosten mit sich. Das Reinhalten der Haltepunkte, das Freihalten von Unkraut, Sicherheitsüberprüfungen fallen auch bei einer neugebauten Strecke an. Dieser Aufwand ist in weiten Teilen unabhängig davon, wie oft ein Zug fährt. Endgültige Klarheit bringt der neue Fahrplan. Der muss möglichst bald veröffentlicht werden, nicht erst, wenn die ersten Züge schon fahren.

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