15 Jahre für eine Fahrt nach Kipsdorf
Die Weißeritztalbahn rollt ab Sonnabend wieder auf kompletter Strecke. Ein Buch beleuchtet die Wirren des Wiederaufbaus.
14.06.2017
Von Christian Eissner
Freital/Dippoldiswalde. Es grenzt an ein Wunder, dass sich diese Eisenbahnstrecke über die Zeit gerettet hat, und tatsächlich wäre die Weißeritztalbahn ohne den Einsatz von Dampfzug-Freunden heute wohl nur eine Notiz in den Geschichtsbüchern, genau wie andere Schmalspurbahn-Strecken, die in Sachsen einst betrieben wurden. Schon zu DDR-Zeiten war die Bahn defizitär. Dem Trend der 1960er-Jahre folgend, ländliche Gebiete hauptsächlich über die Straße, nicht über die Schiene zu erschließen, durfte die Bahnmeisterei Freital keine Gleisreparaturen ausführen. Langsamfahrstellen und Entgleisungen der damals noch verkehrenden Güterzüge waren die gewollte Folge, zudem sollten unattraktive Fahrpläne die Weißeritztalbahn ins Abseits bringen.
In den 1970er-Jahren reifte im DDR-Ministerium für Verkehrswesen der Gedanke, einige Schmalspurbahnen für touristische Zwecke zu erhalten, unter anderem die Weißeritztalbahn. Trotzdem störte sie in ihrem oberen Abschnitt den Ausbau der Fernverkehrsstraße 170, und letztlich war es Eisenbahnfreunden und Eisenbahnern zu verdanken, dass die Bahn erhalten blieb. In zahlreichen Arbeitseinsätzen sorgten sie dafür, dass die Sicherheit an und auf der Strecke gewährt war. Das war die erste Rettung der Weißeritztalbahn.
Dabei hatte ihre Geschichte euphorisch begonnen. Der Streckenbau zwischen 1881 und 1883 brachte dem Osterzgebirge einen wirtschaftlichen und später auch einen enormen touristischen Aufschwung. An Winterwochenenden in den 1930er-Jahren fuhren die Züge nahezu im 15-Minuten-Takt von Freital nach Kipsdorf, um Wintersportler aus Dresden ins Gebirge und zurück zu bringen. Heute unvorstellbar.
Die zweite Rettung der Weißeritztalbahn begann nach dem August-Hochwasser des Jahres 2002. Sie sollte insgesamt fast 15 Jahre dauern. Wieder waren es Eisenbahner und Eisenbahnfreunde, die Druck machten, die mit Sonderfahrten auf den kurzen nicht von der Weißeritzflut beschädigten Streckenabschnitten an das Schicksal der Bahn erinnerten. Nach langen Diskussionen ums Geld wurde – hauptsächlich aus Fluthilfe-Mitteln, die der Bund und der Freistaat Sachsen zur Verfügung stellten – der Streckenabschnitt zwischen Freital-Hainsberg und Dippoldiswalde saniert und im Dezember 2008 wieder eröffnet. Von da an dauerte es noch einmal achteinhalb Jahre, um die Trasse bis Kipsdorf zu vervollständigen. Geschätzte Gesamtkosten für den Wiederaufbau: rund 40 Millionen Euro. Diese Zahl zeigt, dass auch die Wiederaufbau-Kritiker durchaus stichhaltige Argumente hatten.
Am 17. und 18. Juni wird die Strecke nach Kipsdorf mit vielen Dampf-Sonderfahrten eröffnet. Das Osterzgebirge erhofft sich davon einen wichtigen Impuls für den Tourismus. Anlässlich der Steckeneinweihung erscheint das Buch „Wieder unter Dampf. Die Rettung der Weißeritztalbahn“ aus der Edition SZ in einer neuen, aktualisierten Auflage. Es erzählt die Geschichte der Bahnstrecke und beleuchtet die Zeit des Wiederaufbaus mit ihren schwierigen, aber auch lustigen Begebenheiten.
Programm und Fahrplan zur Eröffnung der Strecke: www.weisseritztalbahn.com